Lesende Frau auf Frachtschiff
Schiff Reisebericht Kundenfeedback

Per Frachtschiff von Hamburg nach Walvis Bay, Namibia – unsere Kundin Martha berichtet

In Hamburg an Bord gegangen und im namibischen Walvis Bay ausgestiegen – vom 5. Dezember 2022 bis am 5. Januar 2023 war unsere Kundin Martha Passagierin der «Green Mountain». Von ihrem Erlebnis erzählt sie in ihren Zeilen, die sie uns nach ihrer Reise geschickt hat und die wir mit Ihnen teilen.

Deshalb eine Frachtschiffreise

Wie wahrscheinlich bei den meisten Reisenden so, war auch bei mir ein Jugendtraum der Anlass für die Buchung, einmal im Leben als Passagierin auf einem Frachtschiff mitfahren zu dürfen. Die Hürden bis dahin brauchten lange: Alltagsleben, eingeklemmt zwischen Pflicht und Familie. Als diese Zeit vorüber war, durchkreuzte die Covid-Pandemie meinen Plan. Über Jahre war ich auf der Suche nach einer Reederei, welche einzelne Passagier*innen mitfahren lässt.

Fündig geworden

Im Herbst 2022 wurde ich bei der einzigen Reederei fündig: die MACS MARITIME CARRIER SHIPPING GmbH & Co. KG DE-Hamburg. Vermittelt wurde sie mir durch das auf Frachtschiffreisen spezialisierte Reisebüro in Bern, Ship'N'Train Travel. 


Zusammenarbeit

Ab Beginn an war die Zusammenarbeit mit Ship’N'Train Travel mehr als einwandfrei. Meine Fragen wurden laufend und unverzüglich beantwortet, wo nötig nahmen die Zuständigen immer sofort Kontakt auf mit der Reederei in Hamburg. Und die Antworten erfolgten auch diesseits im Nu. Alle meine Anliegen wurden ernst genommen. Die ausgezeichneten Unterlagen waren mir sehr hilfreich. Danke von Herzen dem ganzen Team von Ship’N'Train Travel. 

Optimal vorbereitet

Zentral und für mich äusserst nützlich war das Dokument «Allgemeine Informationen». Zehn Seiten über Vorbereitungen einer solchen Reise, dem Leben, den Regeln und den Eigentümlichkeiten an Bord. Alles traf zu und dank dieser Unterlagen war ich optimal vorbereitet.


Gesundheit und ein Attest

Im Frachter sind die Treppen sehr steil und das Schiff schwankt auch ohne optisch sichtbar hohe Wellen, bedingt durch die vier schweren und hohen Krane. Ein ausgezeichnetes Gleichgewicht und ein hohes Mass an Standfestigkeit sind aus meiner Sicht unabdingbare Voraussetzungen für die Mobilität auf einem Frachter. Begleitpersonen können nicht helfend stützen, dazu ist die Treppenbreite – über mindestens vier Stockwerke, von der Kabine bis in den Speisesaal – zu eng.

Attest hat Berechtigung

Im Aussenbereich ist der Boden «schliefrig»: Ölwasser, rutschiger Schneematsch oder am Boden liegendes kleines Material. Eine angepasste Reaktion dank trainierter Muskulatur beim Ausrutschen verhindert programmierte Stürze. Die Vorgabe, eine ausgezeichnete Gesundheit mitzubringen und ab einem gewissen Alter auch ein ärztliches Gesundheitsattest vorzuweisen, hat aus meiner Sicht absolute Berechtigung.

Das Attest schützt beide Seiten vor Überforderung. Andernfalls sind Gehbehinderte, auch wenn sie nur eine leichte Form aufweisen, oder unsportliche, ungelenkige Menschen (nicht an Alter gebunden) im Frachter betreffend Mobilität und somit auch der Aufnahmemöglichkeiten der vielfältigen Eindrücke an Bord sehr eingeschränkt.


Ernähren

Es gilt, die 24 Mannschaftsangestellten und zwei Passagier*innen dreimal täglich zu verköstigen. Und das mit einem einzigen Koch und einer ihm zudienenden Hilfskraft. Bei jedem Wetter: Ob draussen eisig kalte Temperaturen, Stürme, Regen oder eine schwüle Hitze herrschen. 

Frisch gekocht

Die Nahrungsmittel werden in den jeweiligen Häfen aufgeladen. Auf der «Green Mountain» wird immer frisch gekocht: Kartoffeln in allen Variationen, sogar hausgemachter Kartoffelstock und selbstgemachte Pommes Frites. Es gibt gefüllte Braten und Klösse, das qualitativ gute Fleisch (keine Minderware) eigenständig durch den Wolf passiert. Das Gemüse ist ausnahmslos frisch und nicht «verkocht». Es gibt kein Fast Food und keine Restensuppen, die der Mannschaft Durchfall bescheren könnten. Allgemein werden die Hygieneregeln eingehalten, was mir als Hygieneschwester auffiel. Eingefroren ist das Toastbrot, jeweils in Abwechslung hell und dunkel, wahrscheinlich auch Fleisch und Fisch.

Was auf den Tisch kam

Täglich gibt es einen Salat aus Gurken, Tomaten, Radieschen, Oliven, Eisberg, Peperoni und sogar mit Kapern. Nie fettig oder lampig. Die Menüs sind dem Kalorienverbrauch der Mannschaft angepasst. Schwerarbeiter, die ihre Arbeit auf dem Schiff unter bitterster Kälte und eisigem Wind verrichten. Zum Frühstück gibt es selber zubereitete Sandwiches mit Tomaten, Schinken, Käse und kaltem Braten. Zusätzlich gibt es grosse Würste, Rühreier mit Speck oder Spiegeleier, und wer mag Hüttenkäse und Honig.

Mittags gibt es immer eine hausgemachte Suppe aus frischem Gemüse oder Suppe nach slawischen Rezepten (auf der «Green Mountain» bestand die Mannschaft aus Ukrainern und Polen). Ich wusste häufig nicht, was ich ass, aber es schmeckte immer gut.

Ungeschriebene Regel: nie reklamieren und nie Sonderwünsche anbringen

Beim Hauptgericht am Mittag ist der «Kapitän» immer das Fleisch, viel Fleisch. Und das in Form von Braten (nie zäh), mit Hackfleisch gefüllte Peperoni oder einem panierten Cordon Bleu. Dazu wahlweise Kartoffeln oder Reis. Abends wird erneut eine grosszügige Fleischportion serviert, oder auch mal Fisch, wieder mit Kartoffeln oder Reis und eine Portion Gemüse. Täglich gibt es zusätzlich eine frische Frucht. Alle tragen nach dem Essen ihre Teller und Besteck zum Vorspülen in den Vorraum der Küche.

Zusammengefasst: Die Mahlzeiten sind frisch, abwechslungsreich, sehr aufwendig gekocht und nie fettig. Beim Essen gibt es eine ungeschriebene Regel: nie reklamieren und nie Sonderwünsche vorbringen. Es wird gegessen, was auf den Teller kommt. Auch wenn man selten Fleisch oder nie Leber isst. Mit der Zeit durfte ich es wagen, um kleinere Portionen zu bitten ...

Andere Essgewohnheiten?

Menschen, die Diabetes haben, auch Typ II, Menschen mit Unverträglichkeiten gegenüber Milchprodukten, Gluten ... , Vegetarier*innen und Veganer*innen sind mehr als belastet. Denn Wunschkost auf dem Frachter umzusetzen ist schlichtweg unmöglich.  


Zum Containerhafen

Weltweit sind Häfen riesig und ihre Zugänge abseits der Innenstädte. Ich selber bin im Voraus in Hamburg den Weg «Probe gegangen», damit ich am Abfahrtstag die benötigte Zeit einschätzen und vor allem den passenden Eingang würde finden können. Der Weg zum Containerhafen in Hamburg ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos zu bewältigen. Aber je nach Gepäckmenge leistet man sich besser ein Taxi, nicht zuletzt auch, weil es im Innenbereich sehr gefährlich ist und die Länge der Strecke, vom Hafeneingang bis zum Liegeplatz des Frachters, nicht zu unterschätzen ist.

Die Gefahren sind ...

... Lastwagen mit Containern, Hebekrane, Stapelfahrzeuge, so geladen, dass die Chauffeure drei blinde Flecken haben und Fussgänger*innen übersehen könnten. «Mein» Taxichauffeur war übrigens begeistert, «endlich mal in den Hafen fahren, das wünschte ich mir seit jeh!» Beim Verabschieden zog er extra seine Anti-Covid-Maske aus, sein dankbares Strahlen kam mit auf die «Green Mountain». 


Kabine und Einrichtung

Luxuriöser als viele Hotelzimmer und sauber ist sie, meine Kabine. Allgemein gibt es genügend WC-Papier, Seife, Haushaltpapier, Abwasch- und Glastücher. Im Bad ist die sehr saubere Dusche, ohne der üblich schwarzen Pilze in den abgedichteten Ecken, das Lavabo, ein Spiegelschrank und natürlich das WC. Am meisten beeindruckt mich der sturzsichere Bodenbelag.

Zum Kücheninventar gehören ein Kühlschrank, Gläser, Kaffeebecher und sogar ein Wasserkocher (für Tee ist gesorgt). Wer wie ich gerne Kaffee mag, nimmt Filter, Kaffeefilter und gemahlenen Kaffee selber mit. Die Milch stellt der Koch zur Verfügung.

Rauschen

Die Betten sind auch für langgewachsene Menschen gross und breit genug. Fenster geben den Blick nach vorne frei. Weil der Frachter nicht ausschliesslich mit Containern beladen ist und weil die Kabinen je unter der Kommandobrücke und einen Stock drunter liegen, ist der Horizont mit den Wetter- und Lichtverhältnissen Tag und Nacht frei sichtbar.

Wegen der Klimaanlage ist es in der Kabine nicht so heiss wie im Treppenbereich. Dies schont die Schleimhäute. Ich empfehle, warme Kleider mitzunehmen. Aus der Klimaanlage tönt übrigens ein ständiges Grundgeräusch, die Motoren. Es ist, wie wenn man neben einem Bach leben würde. Ich überhöre es schon bald. 


Seekrankheit

Seit ich ein Kind bin, werde ich in Autos, Cars, und erst recht auf Schiffen, regelmässig und überdurchschnittlich schnell und stark seekrank. Das hält mich aber nicht von der Frachtschiffreise fern. Mein Motto: Es wird und muss einfach gehen. Ich habe mich gut mit meinem Hausarzt abgesprochen und ich nehme genügend entsprechende Medikamente mit. Alle «alternativen» Mittel, Lutschtabletten oder anderes, auch mit starken Ingwer-Zutaten, wirkten bei mir wie Zuckerwasser. Geholfen hat mir der Rat eines erfahrenen Seglers: immer kauen, Kaugummi oder Caramels ... und zusätzlich im Voraus ein gezieltes, chemisches Medikament gegen die Seekrankheit einnehmen.

4 Kapseln in 30 Tagen

Ich wurde am Anfang der Reise seekrank, weil ich meine obige Regel ungenau einhielt. Danach passierte es nie mehr, auch nicht bei höherem Wellengang. Ich überstand sogar die Wellen in der «Biskaya» problemlos und ass, was der Koch vorsetzte. In den dreissig Tagen Frachtschiffreise benötigte ich vier Kapseln gegen Seekrankheit. Allerdings hatten wir mit dem Wetter Glück. 


Kommunizieren

Grad nach der Pandemie-Zeit ist man als eine von zwei Passagier*innen, und zusätzlich als alleinreisende Frau, tatsächlich so exotisch, wie uns das Frachterleben anfangs erscheint. Der Eindruck beidseits legt sich schon bald. Englisch sprechen alle auf dem Schiff und an den slawischen Akzent gewöhnt man sich und versteht, was gemeint ist.

«Warum nimmst du diesen beschwerlichen Weg auf dich?»

Die immer gleiche Frage seitens Mannschaftsmitglieder lautete: «Ich wusste nicht, dass Frachtschiffe auch Passagiere mitbefördern. Warum um Gottes Willen nimmst du diesen langen, beschwerlichen Weg auf dich, wo du doch viel schneller via Flugzeug oder bequemer mit einem andern Schiff reisen könntest? Bei uns lauern doch überall  Gefahren.» Ich zeigte dann jeweils auf meine ausgezeichneten Trekking-Schuhe und erklärte, dass ich mich wirklich an die Sicherheitsregeln halte. Im Vergleich zu einer Frachtschiffreise sei eine Autoreise, statistisch betrachtet, viel gefährlicher. Man war erstaunt, wenn ich als Mitgrund erwähnte, dass ich mit einer Schreibarbeit beschäftigt sei.

Teamgeist

Die Crew war mir gegenüber immer äusserst zuvorkommend, was mir manchmal schier peinlich war. Jedes Mitglied hat seine ihm klar zugewiesene Aufgabe zu erfüllen. Man arbeitet immer im Team, denn man ist angewiesen, dass die Ergebnisse klappen. Öffentliche Ämter könnten ab und an betreffend Effizienz und Teamgeist viel vom Green-Mountain-Team lernen ...

Kein Internet, viel Meer

Als sehr wichtigen Punkt der Kommunikation erwähne ich das Meer. Es gibt kein Internet, somit keinen Zugang zu den sozialen Medien. Und Davonlaufen ginge nur via Meer, also unmöglich. Es gibt absolut keine Möglichkeiten der Ablenkung, man ist ganz auf sich selber gestellt. Ich persönlich kenne die Langeweile nicht. Eine Frachtschiffreise ist geradezu ein Geschenk für Menschen, die eine Arbeit erledigen müssen: Bachelor- oder Doktorarbeit ... Wenn man im Voraus die benötigten Links und Dokumente diszipliniert für sich hochlädt, ist man beim Schreiben der Arbeit sehr effizient und gründlich. Ich kann es nur empfehlen. Aber man muss fähig sein, sich über Tage hinweg zu genügen.


Zusammenleben

Die Crew übernimmt mit uns zwei Mitpassagier*innen viel Zusatzverantwortung. Denn ihr eigentlicher Auftrag ist es ja, die Frachten sicher von A nach X zu transportieren und nicht, sich um zwei «Exoten» zu kümmern. Nach einigen Tagen verstehe ich die Massnahmen: Wir sollen uns beim Rausgehen und Zurückkommen vom Deck immer ab- und anmelden,  im Speisesaal der Offiziere essen, ja nicht Hand anlegen in der Küche oder sonst wo.

«For me, it’s heaven»

Im Treppenhaus oder draussen auf dem Deck ergeben sich immer wieder persönliche und eindrückliche Gespräche mit den Crewmitgliedern über Herkunft oder die Motivation, auf einem Frachter zu arbeiten. Die schönste Antwort auf meine Frage «Do yo like your job?» und stellvertretend für viele Menschen, weshalb sie auf dem Schiff arbeiten: «For me, it’s heaven».


Dank

Ich fühle eine grosse Achtung gegenüber allen auf dem Meer Tätigen. Die Arbeit ist körperlich und psychisch hart, benötigt viel Disziplin, Ausdauer und Mannschaftsgeist. Und das Getrennt-Sein von den Familien über so lange Zeit oft nicht einfach. 

Traum erfüllt

Ich danke Ship'N'Train Travel und der Reederei, dass sie es mir ermöglichten, auch nach der Pandemie mitfahren zu dürfen in ein prägendes, einzigartiges Erlebnis: einmal im Leben mit einem Frachtschiff unterwegs zu sein. 

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